Die Kühe wohnen auf dem Wasser

         

Die Niederländer sind seit jeher besonders einfallsreich, wenn es darum geht, nah am Wasser zu leben. In Rotterdam entsteht nun aber ein selbst für Holland ungewöhnliches Projekt auf den Wellen: Im Merwehaven, einem ehemaligen Hafen mitten in der Stadt, baut das Start-up Floating Farm den wohl ersten schwimmenden Bauernhof der Welt.

Der Meeresspiegel steigt, Ackerland wird weltweit knapp, gleichzeitig ziehen immer mehr Menschen in die Metropolen an den Küsten. Deswegen müssen die Farmen in die Städte ziehen, nah zu den Verbrauchern, um auch die Transportwege der Lebensmittel kurz zu halten. Und weil dort Boden rar und teuer ist, bleibt nur eine Alternative: in die Höhe bauen oder die Flüsse oder das Meer nutzen.

Der 1200 Quadratmeter große Ponton soll nahezu autark Nahrung für die Anwohner in der Nachbarschaft produzieren – und nur zwei Arbeitskräfte benötigen. Im Obergeschoss leben unter einem Glasdach 60 Kühe. Ein Boden aus Kunstrasen und echte Bäume sollen den Tieren eine zumindest naturähnliche Umgebung bieten.

Zugleich ist die schwimmende Kuhweide nahezu vollständig automatisiert: Die Konstruktion des Bodens lässt den Urin der Tiere hindurchsickern und in einen Tank fließen. Ein Reinigungsroboter wiederum sammelt die Kuhfladen ein. Die sollen so den nötigen Rohstoff liefern für eine Biogasanlage, die Strom und Wärme erzeugt. Noch mehr Energie produzieren Solarzellen auf dem Dach. Es fungiert zudem als Sammler für das Regenwasser, das in die Tränken der Kühe fließt. Im Untergeschoss wächst unterdessen das Futter für die Kühe heran: Gras, das von LED-Lampen optimal beleuchtet wird.

Zwei Millionen Euro kostet der Prototyp, den die Gründer mit privaten Mitteln finanzieren. Die Plattform ist derzeit im Bau, ab August 2016 sollen die ersten Kühe auf dem Wasser weiden.

Die schwimmende Farm isti artgerecht geplant, man kalkuliert 15 Quadratmeter Fläche pro Tier. Das ist mehr als in den meisten regulären Ställen. Die Kühe können selbst entscheiden, wann sie gemolken werdenr. Dazu gehen sie zu einem weiteren Roboter, der die Euter erkennt und automatisch melkt.

Schwimmende Farmen lösen das Platzproblem, ist man bei Floating Farm überzeugt.

Das vorbeiströmende Wasser der Maas soll die Kühlung für die Milchfabrik im Untergeschoss des maritimen Gehöfts liefern. Pro Tag kann die Anlage – ganz nah an den Abnehmern – 1500 Kilogramm Milch produzieren. Künftig ließen sich soger größere Pontons mit bis zu 200 Kühen bauen berichtet Floating Farm. 40 schwimmende Farmen könnten dann ganz Rotterdam mit seinen 620.000 Einwohnern versorgen.

Milchvieh auf dem Wasser ist ein durchaus innovativer Ansatz. Milchviehhaltung ist wohl ohnehin nur der Anfang: Das Konzept lässt sich auch auf Hühner- und Gemüsefarmen übertragen. Floating Farm kann schwimmende Farmen praktisch überall auf der Welt bauen, wo es geeignete Gewässer gibt. Und Wasser dürfte es angesichts steigender Meeresspiegel bald zur Genüge geben.

Quelle: http://floatingfarm.nl/?lang=en